Die Mischung aus erfrischend unpoppigem Folk, elektronischen Elementen und facettenreichem Gesang bringt Faun eine Sonderstellung in der Mittelalterszene ein, bei der zurecht bemängelt wird, dass in den letzten Jahren eine gewisse Beliebigkeit und ein starker Hang zum Austauschbaren Einzug gehalten hat. Nachdem die Gräfelfinger in der jüngeren Vergangenheit immer wieder auch rein akustische Konzerte gaben, war es nur eine Frage der Zeit, bis das erste Akustikalbum das Licht der Welt erblicken würde. Der naheliegenden und von anderen Bands bereits mehrfach umgesetzten Idee, diesen musikalischen Aspekt als alleinigen Aufhänger zu verwenden und ein Best Of zusammenzuschustern, sind Faun jedoch glücklicherweise nicht verfallen. Stattdessen präsentieren sie mit 'Buch der Balladen' eine Sammlung eben solcher und treten thematisch eine zauberhafte Reise durch die Märchen- und Sagenwelt an. Während akustisch eher leise Töne angeschlagen wurden, haben Faun optisch mächtig auf den Putz gehauen. Selbst die reguläre Fassung des Albums (eine noch aufgemotztere Limited Edition ist ebenfalls erhältlich) kommt in wunderschöner Buchform daher, dazu ein über 40-seitiges Booklet mit allen Texten, dazugehörigen Noten und Akkord-Griffen zum Nachspielen. Darüber hinaus erfährt man allerlei Wissenswertes über die Hintergründe der Geschichten und die Entstehungsgeschichte des Albums. Musikalisch ist der Sprung vom eigentlichen Sound der Band zur Unplugged-Platte nicht allzu groß, wodurch sich 'Buch der Balladen' nahtlos ins bisherige Schaffen einreiht. Mit einer gefühlten LKW-Ladung an allen möglichen mittelalterlichen Instrumenten, die jedoch mit Bedacht eingesetzt werden und nie das Klangbild überladen, vertont das Gespann die Erzählungen von Wassergeistern ('Der wilde Wassermann'), dem Nibelungen-Helden Siegfried ('Sigurdlied') und der Natürlichkeit des Todes ('Tanz über die Brücke'). Diese Vielfalt ist nicht nur deshalb so beeindruckend, weil jedes Instrument den Songs eine ganz eigene Atmosphäre verleiht, sondern auch weil die Band jedes einzelne technisch wie emotional perfekt beherrscht. Dass darüber hinaus sowohl Oliver S. Tyr als auch die Damen Sandra Elflein und Fiona Rüggeberg gesanglich wieder Meisterliches vollbringen, ist schon beinahe überflüssig zu erwähnen. Einige Hörer werden sich etwas an der Gleichförmigkeit stören, die bei einem ruhigen und nicht auf Ohrwurm getrimmten Album fast zwangsläufig eintritt. Andere hingegen dürften dies als überaus atmosphärisch und kurzweilig empfinden, als perfekten Soundtrack für die melancholische Jahreszeit. 'Buch der Balladen' überzeugt als Gesamtpaket jedenfalls auf ganzer Linie - Skeptiker sollten sich am besten eine ruhige Stunde gönnen, in der sie im Booklet schmökern und dazu das Album laufen lassen. So verschwinden die Zweifel von ganz allein.