Der erste Höreindruck von 'At The Edge Of Time' vermittelt eine unglaubliche Homogenität, eine wiedergewonnene Leichtigkeit, ein Schritt zurück im Guten. André Olbrich, Gitarrist und Hauptsongwriter, bestätigt den Eindruck von whiskey-soda, dass eine gewisse Verwandtschaft zu Alben wie 'Imaginations From The Other Side' besteht. 'Es scheint, als wäre das neue Album ein Anschluß an 'Imaginations...'. Der damalige Stil von Blind Guardian gipfelte in 'Nightfall In Middle Earth', und wir empfanden, dass man diese Musik besser nicht machen konnte. Also wollten wir umdenken, um uns nicht zu wiederholen. Mit 'A Night At The Opera' haben wir sehr herumexperimentiert...'und das ist etwas, womit zum Beispiel der Autor dieser Zeilen überhaupt nicht klar kam, weshalb er sich geschlagene zwölf Jahre nicht mit Blind Guardian befasst hat.
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Beim ersten Ton des neuen Albums war aber dieses Gefühl wieder da, was mit der extremen Überladenheit der letzten Alben verloren gegangen war. ''A Night At The Opera' war extrem episch, komplett over the top. Rückblickend muß ich sagen, dass einiges nicht so gelaufen ist wie gewünscht. Aus heutiger Sicht ist diese Scheibe zu überladen. Danach kam mit 'A Twist In The Myth' etwas anderes, viel rhythmischeres - 'Another Stranger Me' ist glaube ich immer noch der mit Abstand untypischste Blind Guardian-Song. Das ist eben ein kompositorischer Werdegang.' Also muss man erst einen bestimmten, möglicherweise teilweise falschen Weg gehen, um am Ende richtig herauszukommen? Wenn man 'At The Edge Of Time' hört, könnte man dieser Meinung sein.
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Eine Planung gibt es allerdings nicht, der Künstler lässt sich eben inspirieren. 'Das neue Album verbindet alte Blind Guardian und Neue. Es ist eigentlich eine wunderbare Mischung. Am Anfang war aber alles offen! Wir hatten keinen Plan, das ist alles Bauch- und keine Kopfmusik. Nach ein oder zwei fertigen Songs weiß man, wohin der Weg führt, und dann erst kann man anfangen, innerhalb des nun umrissenen Konzeptes einen Plan zu machen. Wenn so circa 30-40 Prozent der Songs stehen, fängt man an, Songs in bestimmten Geschwindigkeiten dazu zu schreiben, damit das Gesamtwerk dann stimmig ist.' Und wie entstehen diese ersten Songs? Beim neuen Album war alles anders als früher, und das könnte einer der Gründe dafür sein, warum 'At The Edge Of Time' ein Meisterwerk ist.
Wie wohl wirklich jeder weiß, sind Blind Guardian wohl DIE Fantasyspezialisten schlechthin, auch wenn André dort später noch seine eigene Sichtweise dazu hat. Nicht verwunderlich also, dass ein Ruf aus dieser Welt den ersten Schritt zum neuen Album verursachte. 'Direkt nach der Tour zum letzten Album haben wir das Angebot bekommen, zum Soundtrack von 'Sacred 2' einen Song beizusteuern. Wir schrieben also zwei Songs - 'War Of The Thrones' und 'Sacred Worlds' - , legten diese zur Auswahl vor, und das Team von 'Sacred' entschied sich für 'Sacred Worlds'. Das Feedback, was wir auch von außerhalb auf diese zwei Songs bekamen, war überwältigend. Wir waren sehr zufrieden, es gab sehr früh Feedback, und dieses war sehr positiv. Du glaubst gar nicht, wie sehr dir so etwas die Last von den Schultern nimmt. Jeder Druck war weg. Das ist sehr angenehm, um zu arbeiten.' Wir wissen ja, dass Blind Guardian fantasylastig sind, und auch und gerade Gesprächspartner André ist zum Beispiel großer 'World Of Warcraft'-Fan.
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Denoch sind die wirklich großen, erfolgreichen Computerspielproduzenten nicht unbedingt die erste Adresse für Metalbands. Die Zusammenarbeit kam also durch einen Zufall zustande. 'Der Ex-Ascaron-Chef (Ascaron ist die Produktionsfirma von 'Sacred' und 'Sacred 2', Anm. d. Red.)ist großer Blind Guardian-Fan. So einfach ist das manchmal. Der Kontakt entstand dann über den großen Mailorder EMP. Die fragten nach, ich kannte 'Sacred' und hatte den ersten Teil auch durchgespielt. Wir wollten eigentlich immer schon einmal etwas für ein PC-Spiel machen. Das ganze hat Riesenspaß gemacht, insbesondere der Ingame-Auftritt. Das sind alles wir! Wir steckten da für das Motion Capture-Verfahren in diesen Anzügen und spielten den Song mit all diesen aufgeklebten Sonden an uns dran... Das war super, und ich finde das Ergebnis kann sich sehen lassen.' Zu sehen gibt es den Ingame halt ingame... und auf YouTube. Ohnehin scheint André großer PC-Freak zu sein. Als Hobby auf Blind Guardian's Homepage gibt er 'World Of Warcraft' an. Der Autor selbst ist eher Fan von 'Herr Der Ringe Online' - und Schalke-Dortmund-mäßig gibt es eine ziemliche Rivalität, auch wenn HdRO WoW in puncto Abonnenten und Größe nicht das Wasser reichen kann. 'Natürlich habe ich Herr Der Ringe Online gespielt. Aber irgendwie kam ich mit den Bewegungsabläufen der Figuren nicht klar. Die sind total abgehackt, und jeder Char hat nur fünf oder sechs Bewegungen. Bei WoW sind das 20 mal soviele. Deswegen bin ich lieber bei WoW geblieben, auch wenn der Herr Der Ringe natürlich gut zu mir gepasst hätte. Mag ja sein, dass die Bewegungen der Figuren bei WoW besser sind - dafür ist die Optik einfach nur kleinkinderhaft quietschbunt und lächerlich, und das Spiel hat null Rollenspielatmosphäre und null Anspruch. Wie gesagt, Rivalitäten... Du hast recht, was die Optik angeht, und vielleicht auch, was den Anspruch angeht. Aber WoW Zocken entspannt mich gerade beim Touren unglaublich. Da kann ich großartig abschalten. Und wenn man sich einmal an etwas gewöhnt hat, ist die Toleranz auch höher. Ich finds super...'
Kommen wir aber jetzt mal weg von den PC-Spielen ins RL - Real Life - wie der Zocker sagt...
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