Im Asphalt Club in den Kellergewölben des Berliner Hilton-Hotels bekommt man nicht billigen Tetrapack-Wein im Plastikbecher auf den Tresen geknallt, sondern wird der edle Tropfen vor dem Gast ins formschöne Glas gegossen. Hier schwirren teure Parfums durch die Luft. Hier trägt man nicht von der Stange, sondern Designer-Stücke, High Heels, Pailletten und edlen Zwirn. Nicht das übliche Konzert- respektive Feierpublikum, bitte schön, sondern Business-Klientel, das sich bis unmittelbar vor Konzertbeginn noch per Blackberry und IPhone noch ums Geschäft kümmert.
Denn auch für Bob Geldof sind die Zeiten des Schlabberpullis lange vorbei. Im seidenschimmernen Anzug betritt er, der von seinem Labelpartner wiederholt als „der gute Bob“ angekündigt wurde, pünktlich die Bühne, nahm gar keine Notiz von dem hektischen Fotografengedränge in der ersten Reihe und gab dem Publikum mit 'The Great Song Of Indifference' freiweg, was es hören wollte. Akkordeon, Violine, Flöte, Percussion: voller Einsatz sogleich für die sechsköpfige Band, von denen - bärtig, bierbäuchig und kauzig - man sich gerne mal eine Nacht lang ein paar unterhaltsame Anekdoten aus vielen Jahren on the road erzählen lassen würde.
'Strange' erscheine es ihm, gestand der Sir, nach 35 Jahren Musikerdaseins ein Showcase zu spielen. Tatsächlich betrieb er während der Show kaum Promotion, erwähnte den Titel seines gerade erschienenen neuen Albums 'How To Compose Popular Songs That Will Sell' nur einmal am Rande und kündigte seine neuen Songs in der Set List nicht explizit an.
Sie dominierten aber die gut abgestimmte Dramaturgie des Sets. Nach dem irisch-folkigen Auftakt ging es bald psychedelisch, bald poppig und dann sehr soulig zu. 'She's A Lover', 'Mary Says' und 'Here's To You' ließen in ihrer ruhigen Art den Anzug noch gut sitzen. Mit 'Silly Pretty Thing' und 'Systematic 6-Pack', aufgelockert durch den Boomtown Rats-Klassiker 'Banana Republic', rockten die Herren auf der Bühne gut los und entledigten sich alsbald einengender Jacketts. Mit sicherem Griff hielt der Geldof seinen kontrolliert wilden Hairstyle in Form, während er so manche flotte Sohle aufs Parkett legte. Ausladend gestikulierend und mit verwegenem Hüftschwung schmetterte er zum Entzücken des Publikums endlich 'I Don't Like Mondays', um mit 'Joey's On The Street Again' und 'Rat Trap' die Riege der Boomtown Rats-Reißer vollzumachen.
Die Zugaben-Runde nutzte Geldof zunächst, um Gäste wie Campino oder Katja Riemann im Publikum zu begrüßen, 'liebe Freunde', mit denen er 'politic stuff' betreibe. Zu denen gehört auch Bernd Pfaffenbach, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, der die Band jetzt für den Dr. Feeldgood-Song 'Back In The Night' an der Gitarre begleitete. Derart gut unterhalten, konnte der Sir sein Publikum bei einer zweiten Speed-Version des 'Great Song Of Indifference' mit 'Shut the fuck up!' unterbrechen und es auf die Schnelle ein ordentliches Sing along-'na na nana na' lehren. Übel nahm's dem gutgelaunten Sir freilich niemand; im Gegenteil klatschte man ihn für eine zweite Zugabe heraus, bei der er sich mit den hohen Tönen von 'Blow' verabschiedete.
So waren aus der angekündigten Stunde im Handumdrehen eindreiviertel geworden. Auch wenn sie rar geworden sind - den Spaß an seinen eigenen Live-Gigs hat Bob Geldof nach wie vor nicht verloren.
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